Anne Weller: Wie schön, ich kann Sie lächeln hören!

Seien Sie sicher, (nicht nur) Anne Weller ist in der Lage, anhand der Stimme, viel über ihr Gegenüber am Telefon und im persönlichen Gespräch zu erfahren. Unsere gesprochenen Botschaften verraten anderen Menschen viel über uns. Unsicherheit, Überzeugung, Selbstzweifel, Selbstsicherheit, Hektik, Ruhe und Begeisterung. All das und noch mehr vermag unser Stimme zum Ausdruck zu bringen. Anne Weller ist Kommunikations-Expertin. Sie veranstaltet Workshops und gibt Firmen- und Einzeltrainings zu den Themen Stimme, Sprechen und Präsentation. Sie sagt: „Raus mit der Stimme – jetzt wird´s deutlich!“

Anne Weller: Wie schön, ich kann Sie lächeln hören!

Anne Weller

Klaus Wenderoth: Frau Weller, unser Telefonat ist mir noch in sehr angenehmer Erinnerung. Wie lange haben Sie Ihre eigene Stimme geschult und wie wurden Sie schließlich selbst zur Stimmtrainerin?

Anne Weller: Stimme und Sprechen haben mich schon als Jugendliche fasziniert. Hörspielkassetten wie „Die drei ???“, „TKKG“ und „Fünf Freunde“ habe ich regelrecht verschlungen. In der Schule habe ich an jedem Vorlesewettbewerb teilgenommen und mich da bereits stimmtechnisch ausprobiert.

Vor meiner Selbstständigkeit habe ich über zehn Jahre im mittleren Management eines mittelständischen Industrieunternehmens gearbeitet. Immer wieder habe ich erfahren, wie wichtig neben der Fachkompetenz die Stimme, die Sprechweise und das eigene Auftreten ist. Also habe ich an der Faszination „Stimme“ wieder angeknüpft und ein Fernstudium im Bereich Sprech- und Kommunikationstraining gemacht.

Weiter ausgebaut habe ich mein Wissen durch viele praktische Weiterbildungen in Sprechtechnik, Stimmbildung und Körpersprache. Im Januar 2010 habe ich mein eigenes Unternehmen gegründet und arbeite seitdem mit Menschen aus allen Unternehmensbereichen und -ebenen zusammen. Im Training zeige ich meinen Klienten, wie sie in Verbindung mit ihrer fachlichen Qualifikation stimmlich auf jeder beruflichen Bühne andere Menschen begeistern und überzeugen können: Auf einer Vortragsbühne, im Besprechungszimmer beim Chef oder beim Kunden, in der Kommunikation mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern.

An meiner Stimme arbeite ich jeden Tag – schließlich ist sie meine hörbare Visitenkarte. Das wichtigste Ritual ist das Stimm-Warmup. Bevor ich mit dem „Tages-Sprech-Pensum“ beginne, wärme ich meine Stimme und meine Sprechwerkzeuge auf. Das dauert nur ein paar Minuten, macht Spaß und bringt gute Laune für den Tag!

Klaus Wenderoth: Die eigene Stimme ist für uns alle eine Selbstverständlichkeit. Ist gerade dies der Grund dafür, dass die meisten von uns damit so unbedacht umgehen? Verschenktes Potential?

Anne Weller: Nein. Es geht vor allem darum, dass die Menschen mit ihrem Potenzial Stimme bewusst und achtsam umgehen.

Viel selbstverständlicher als die Stimme ist Reden. Das tun wir schließlich jeden Tag – meist ohne groß darüber nachzudenken. Täglich werden zig Präsentationen, Reden und Vorträge gehalten, wichtige Kunden- und Mitarbeitergespräche geführt. Inhaltlich sind die Vortragenden brillant, sie merken jedoch häufig kaum, wenn sie sich um Kopf und Kragen reden.

Ich betrachte es also eher als schlummerndes Potenzial, das wie ein „Spr[a]echschatz“ in jedem Menschen steckt. Es lohnt sich, diesen Schatz zu bergen und im Training zu polieren.

Klaus Wenderoth: Sie schreiben auf Ihrer Webseite: “ Nichts verrät die innere Haltung so unmittelbar wie der Klang der Stimme.“ Was passiert da konkret beim Zuhörer/beim Publikum?

Anne Weller: Versuchen Sie mal, mit Begeisterung den Satz zu sagen: „Das ist ein richtig gutes Produkt!“, während Sie zusammengekauert mit gesenktem Kopf auf einem Stuhl sitzen.

Im beruflichen Alltag bedarf es mehr als nur auswendig gelernter Phrasen, die gelangweilt runtergeleiert werden. Wenn zum Beispiel ein Verkäufer wirklich hinter seinem Produkt steht, dann hat er eine positive innere Haltung dazu. Diese spiegelt sich in seiner Stimme und in seiner Sprechweise wieder.

Der Zuhörer/ das Publikum benutzt das wichtigste Kontrollorgan, wenn es um die Stimme geht – die Ohren. Wenn Sie also jemandem zuhören, entscheiden die Ohren in Bruchteilen von Sekunden, ob Ihr Gegenüber glaubwürdig klingt. Wenn dem so ist, dann wird es ein vertrauensvolles Gespräch.

Klaus Wenderoth: Jeder kennt den „berühmten“ Korken zwischen den Lippen um die Aussprache, bei z.B. Schauspielern, zu verbessern. Arbeiten auch Sie mit diesem Hilfsmittel? Und: Haben Sie vielleicht an dieser Stelle noch einen Tipp, den jeder sofort ausprobieren kann?

Anne Weller: Ja, den „berühmten“ Korken setze ich häufig im Training ein. Der bringt Deutlichkeit in die Stimme und Klarheit in die Sprechweise. Dazu drosselt der Korken sehr schön die Sprechgeschwindigkeit – eine prima Übung für alle „Schnellsprecher“.

Mein Tipp, den jeder sofort ausprobieren kann, entspannt und hilft bei Lampenfieber: Bevor Sie in ein wichtiges Gespräch gehen, atmen Sie ganz bewusst aus. Drei bis vier Mal ganz langsam und entspannt auf ein stimmloses „s“. Durch das lange Ausatmen beruhigen Sie sich. Gleichzeitig macht es Sie sehr präsent.

Klaus Wenderoth: Sie bieten Ihr Stimm- und Sprechtraining in verschiedenen Varianten an. Welche Form ist für wen empfehlenswert?

Anne Weller: Meine Arbeitsweise ist sehr individuell. Die Form des Trainings entscheide ich immer gemeinsam mit meinem Auftraggeber. Für mich ist ganz wichtig zu erfahren, wer, wie und was geschult werden soll. Und vor allem, was nach dem Training besser werden soll.

Einzeltraining bietet dem Klienten den Vorteil, dass er mit mir 1:1 an seinem Thema arbeiten kann. In Workshops und Firmenseminaren profitieren die Teilnehmer immer von den Rückmeldungen der anderen. Und beim „Training on the Job“ kann ich direkt Stimme und Sprechweise analysieren und meinem Klienten so direkt einen Feinschliff verpassen.

Klaus Wenderoth: Wir alle arbeiten zielorientiert. Wann stellt sich der Erfolg eines Stimmtrainings ein? Und in dem Zusammenhang: Wie stark beeinflussen die soziale Herkunft, Bildung und persönliche Entwicklung diesen Erfolg?

Anne Weller: Ich hatte vor einigen Jahren eine Zeitlang Klavierunterricht. Ich weiß noch, wie schwierig es war, mit der linken Hand den Daumenübersatz zu spielen. Es hat eine Weile gedauert, bis mir das leicht von der Hand gegangen ist. Doch nach ein paar Wochen und intensivem Üben war ich dann sogar in der Lage, kleinere Musikstücke zu spielen.

Die Stimme ist auch ein Instrument. Darauf richtig spielen zu können, braucht seine Zeit und ist harte Arbeit. Gleichwohl ist es Arbeit, die sehr viel Spaß macht. Und das Schöne ist: Das Instrument haben wir in uns. So sind Übungseinheiten fast immer und überall möglich: Zuhause, im Auto, im Büro, beim Spaziergang.

Klar ist – Stimme kann man nicht „mal eben“ in ein, zwei Stunden trainieren. Meine Klienten merken jedoch schon in der ersten Trainingseinheit, wie effektiv und Nutzenbringend die Stimm- und Sprechübungen sind. Sie üben dann mit Fleiß und Freude Zuhause weiter und so stellt sich der Erfolg des Stimmtrainings sehr schnell ein.

Ich arbeite mit Berufsrückkehrern über Fach- und Führungskräfte bis hin zu Geschäftsführern von Unternehmen mit mehreren hundert Mitarbeitern zusammen. Wenn die Teilnehmer erkennen, dass ihnen eine kraftvolle Stimme Sicherheit in jedem beruflichen Gespräch gibt – um andere Menschen von ihren Ideen zu begeistern, um Mitarbeiter zu motivieren, um Kunden für sich zu gewinnen, dann spielen die soziale Herkunft, Bildung und persönliche Entwicklung in meinen Augen für den Trainingserfolg keine über- oder untergeordnete Rolle.

Klaus Wenderoth: Welchen Problemen begegnen Sie bei Ihren Seminarbesuchern immer wieder? Ein Beispiel aus Ihrer Praxis kann das vielleicht am besten verdeutlichen.

Anne Weller: Die Klienten, die sich zu meinen offenen Workshops und Einzeltrainings anmelden, haben schon eine ziemlich genaue Vorstellung von dem, was sie trainieren wollen. Sie möchten klar und deutlich reden – mit einer kraftvollen und wohlklingenden Stimme.

Führungskräfte wollen gute Führungsarbeit im Umgang mit Mitarbeitern und Vorgesetzten leisten. Geschäftsführer und Selbstständige wollen ihr Unternehmen gut präsentieren. Verkäufer möchten ihre Produkte und Dienstleistungen noch besser kommunizieren. Vortragsredner und Trainer möchten ihre Stimme und Sprechweise als Unterstützer für ihre Vorträge und Trainings schulen.

In Firmenseminaren erlebe ich ab und zu, dass die Teilnehmer erst einmal denken: „Was soll das denn bringen? Reden kann ich doch.“ Zum Stimmtraining gehört neben Stimmarbeit und Sprechtechnik jedoch auch die Wahrnehmung des Gesprächpartners.

Statt sich um Kopf und Kragen zu reden, trainieren sie, den anderen wahrzunehmen, zuzuhören und dann ihre Stimme und Sprechweise gezielt einzusetzen um im beruflichen Gespräch auf den Punkt zu kommen.

Klaus Wenderoth: Deutschland entdeckt seine „Speaker“. Großartige Redner die vor großem Publikum ganze Hallen füllen und Ihr Publikum faszinieren. Womit erklären Sie sich diesen Zulauf?

Anne Weller: Vor einigen Jahren noch haben Redner Ihr Publikum häufig gelangweilt. Trockene Themen, Powerpoint-Schlachten und ellenlange Monologe.

Das hat sich verändert. Heute stehen Redner auf der Bühne, die begeistern. Ja, diesen Rednern hören wir gerne und fasziniert zu. Ein Grund ist, dass sie uns Menschen mit auf eine Reise nehmen, uns mit ihren Geschichten und Bildern abholen. Vortragsredner haben heute einen starken Entertainment-Charakter. Sie sind topp in ihrem Thema – ihre Stimme, ihre Sprechweise und ihr Auftreten sind das „Zünglein an der Waage“, mit dem Sie dann das Publikum in ihren Bann ziehen.

Viele Vortragsredner lassen sich von Stimmtrainern wie mir schulen. Sie haben erkannt, dass erst wenn sie das Verbindungsstück zu ihrer fachlichen Expertise trainieren, sie andere Menschen wirklich begeistern können.

Herzlichen Dank für Ihre Zeit Frau Weller!

Dieses und weitere Interviews, finden Sie im Expertenblog http://www.KlausWenderoth.de

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