Web 4.0: Die nächste Evolutionsstufe der Wertschöpfung

Quo vadis (Online)-PR?

Web 4.0: Die nächste Evolutionsstufe der Wertschöpfung

Dr. Winfried Felser, Gründer und Vorstand der NetSkill AG

2003 gab Tim O’Reilly dem Paradigmenwechsel von der einseitigen Kommunikation hin zur dezentralisierten Kommunikation einen Namen: Web 2.0. Inzwischen sprechen wir schon vom Web 3.0, dem semantischen Web, und meinen damit, ein Web, welches Beziehungen aufzeigt, Informationen nach ihrer Bedeutung bewertet und in einen Kontext zu anderen Inhalten stellt. Doch die Kommunikation und die dazu benötigten Technologien entwickeln sich konstant weiter. Kommunikationskanäle werden komplexer und innovativer, um die Kommunikation besser, effizienter und schneller zu gestalten. So stehen wir nun erneut vor einem Paradigmenwechsel – hin zum Web 4.0 – einer neuen Qualität der Wertschöpfungsprozesse durch Kollaboration in Netzwerken und die unterstützende Intelligenz und Automatisierung von Prozessen durch Systeme. Dr. Winfried Felser, Gründer und Vorstand der NetSkill AG bzw. der Competence Site, erklärt im Interview mit PR-Gateway, was es mit diesem Paradigmenwechsel auf sich hat und was dieser für die Kommunikation bedeutet.

Was bedeutet für Sie Kommunikation 4.0 und welche Konsequenzen hat dieser Wandel für die Unternehmenskommunikation?

Wir stehen im Internet und auch in der sogenannten „realen“ Welt vor einem paradigmatischen Wechsel, der Ökonomie und Gesellschaft fundamental wandeln wird. Das ist vielen noch nicht bewusst. Die Versions-Nummer 4.0 kennzeichnet für mich die nächste Evolutionsstufe der Wertschöpfung, nicht nur bei der Kommunikation. 4.0 bedeutet für mich, dass wir durch neue Technologien bzw. Intelligenz und Kommunikation befähigt werden, noch umfassender in Netzwerken zu kooperieren, wobei Netzwerke das Zusammenwirken von Mensch und Maschine oder z.B. klassischer von Unternehmen und Kunden beschreiben können.

Woher aber kommt die 4.0? Wenn wir die Versionsnummern, z.B. des Webs, hochzählen, dann können wir mit 0.0 als Vor-Web, und 1.0 als frühes Web die gute alte Zeit beschreiben, wo wir früher noch unsere Zielgruppen mit unseren Werbebotschaften über wenige Kanäle unidirektional beglücken durften. Dabei mussten wir uns nicht groß um die Relevanz und die Individualisierung der Kommunikation aus Sicht unserer Kunden kümmern. Auch deren Bedürfnis in Richtung Dialog ließ sich damals noch ignorieren. Wir durften frei beschallen, der Kunde musste TV-Spots wie Banner ertragen, wenn er Medien konsumierte.

Das Web 2.0 hat uns da schon das „Social“ gebracht, also den intensivierten Dialog mit unseren Nutzern und Kunden, aber vor allem auch den Dialog dieser Nutzer und Kunden untereinander. Damit ging die scheinbare frühere Kommunikations-Souveränität der Anbieter verloren. Jetzt waren Märkte leider Gespräche. Manche haben dabei „Social“ aber als „Facebook“ missverstanden und nicht erkannt, dass der Kanal zweitrangig und das Paradigma der Kommunikation entscheidend ist.

Mit dem Web 3.0, dem semantischen Web oder lieber dem Web der Relevanz, musste dann jede Botschaft überzeugen und im Bestfall kundendienlich sein. Das ist für mich übrigens der Hauptaspekt von Content Marketing als Relevanz-Marketing. Insofern ist der Content-Hype für mich 3.0 pur, während irgendwelche technischen, semantischen Web-Standards eher zweitrangig sind. Nicht Klassifikation alleine ist wichtig, sondern Bewertung, die durch den Empfänger oder aber auch technologisch erfolgt. Wer heute keine relevante Botschaft transportiert, geht im Rauschen unter und wird nicht mehr wahrgenommen, weil er sich bei der Relevanz-Wahrnehmung der Nutzer und in den Listen von Google, Facebook und Twitter zu weit hinten anstellen muss.

Was aber ist dann Web 4.0? Meiner Meinung nach heißt 4.0 – wie gesagt generell und nicht nur beim Web oder bei der Kommunikation – eine neue Qualität der Wertschöpfungsprozesse durch Kollaboration in Netzwerken und die unterstützende Intelligenz und Automatisierung von Prozessen durch Systeme.

Was bedeutet das dann für Kommunikation?

Auch das Marketing und die PR werden in Zukunft noch analytischer, automatisierter und auch nach innen und außen kollaborativer.

Was die Technik angeht: Multi-Channel und ein technisch unterstütztes Multi-Posting in die sozialen Netzwerke gehören ja heute zum Standardprogramm, wie auch Social Listening, um den früheren Autismus zu überwinden. Meistens bleibt es dann allerdings beim Listening, anstatt daraus Reaktionen abzuleiten. Vom Content Marketing bewegen wir uns in diesem Sinne auf der Technik-Seite dann immer weiter prozessorientiert in Richtung Inbound Marketing und Marketing und Sales Automation.

Hier verschwinden dann die alten Grenzen von PR, Marketing und Sales. Das Digitale integriert, was nie hätte getrennt sein dürfen. Dabei ist das eine strategische Aufgabe, die insgesamt Unternehmen nun wirklich marktorientiert auf neue Märkte ausrichten muss, so dass die Organisation nicht nur die Silos einreißen muss, sondern eine neue Organisation für eine neue Ökonomie im Sinne eines Niels Pflaegings oder einer Anne Schüller schaffen muss. Kollaboration in dieser neuen Organisation heißt dann nach innen, dass wir eher in vernetzten Marktteams arbeiten als in funktionalen Abteilungen. Nach außen bedeutet es mehr als nur einen Blog und eine Fanseite zu betreiben. Es bedeutet in fast grenzenlosen Netzwerken von Kunden, Partnern, Medien und sogar Wettbewerbern zu agieren. Melanie Tamblé hat in einem Facebook-Thread die alten Qualitätsmedien kritisiert, weil sie sich immer noch in ihrer Kompetenz-Selbstbetrachtung über das Netz erheben. Diesen Fehler dürfen auch Marketing- und PR-Verantwortliche als Medien-Vertreter nicht tun. Sie sind Teil des Netzwerks und manchmal wissen unsere Kunden, Partner oder vielleicht auch Wettbewerber etwas besser als wir und können dann unserer kollaborativen Kommunikation und Wertschöpfung im Netzwerk komplementär dienen. Und damit meine ich mehr als Empfehlungsmarketing oder Crowd Sourcing. Die Grenzen der Organisation werden sich auflösen und manchmal ist ein Promoter oder Influencer wichtiger als mancher eigener PR-Mitarbeiter. Märkte werden zu kollaborativen Plattformen, an die eine Organisation adäquat mit Markt-Teams andocken muss!

Als Gründer der Competence-Site wissen Sie, wie wichtig Wissensaustausch und Kommunikation von Expertise für Unternehmen ist. Mit welchen Methoden kann Expertise am glaubwürdigsten kommuniziert werden?

Jenseits aller technischen Tipps steht für mich am Anfang, den eigenen Wert bzw. Werte-Rahmen bzw. die eigene Sinn-Botschaft eines Unternehmens im Kontext seines Marktes bzw. des Gesamtnetzwerks zu definieren. Ich leide fast körperlich darunter, dass oft das Oberflächliche gegenüber der Essenz betont wird. Mehr denn je stellt sich die Sinnfrage: Warum tue ich das, was ich tue und was hat der Markt, mein Kunde davon? Beim letzten Drucker-Challenge wurde das Video „Simple Significance“ ausgezeichnet, das gefragt hat, „What is your simple significance?“. Wer aber hat das schon klar für sich formuliert, was seine Significance ist? Das verhindert auch eine scheinbare wertvolle Kommunikation, die doch nur manipulieren will. Insofern, wer hinten beginnt (Kanäle, Formate, Inhalte, …), Kommunikation neu zu definieren, ist oft schon auf einem Irrweg, weil die entscheidende Neujustierung fehlt.

Natürlich muss man dann Sinn in der Kommunikation runterbrechen bzw. konkretisieren. Content-Gurus wie Mirko Lange haben in ihrem Zwiebelmodell des Content Marketing dann die Story(ies) im Mittelpunkt. Eine Story kann die eigene Significance transportieren und wie man Storytelling gut macht, lernt man von diversen Vordenkern, z.B. schön auch vom „Content-Experten“ Kevin Spacey, einfach einmal googlen. Wir sprachen im Rahmen der Competence Site früher lieber von kompetenzorientierter Kommunikation, damit meinten wir, dass die BASIS der Kommunikation die eigene Kompetenz und das ERGEBNIS der kundendienliche Beitrag zur Kompetenz des „Empfänger“ sein sollte. Also Expertise transportieren und transferieren. Expertise definiert sich dabei immer vom Empfänger aus! Das Ganze dann z.B. in eine authentische Story verpackt, z.B. aus dem Inneren eines Unternehmens oder aus Sicht eines Kunden, wird dann auch glaubwürdig, wenn es WIRKLICH glaubwürdig bzw. wertvoll ist. Das ist das Schöne an den neuen Märkten: Früher oder später wird jede Schein-Authentizität oder Manipulation transparent. Was dann die äußeren Schalen der Kommunikation angeht, das ist dann vor allem Technik.

Also: Vergesst im ersten Schritt Technik und Methoden, seid partnerschaftlich, ehrlich und sinnvoll! Diese Botschaft ist keine neue Botschaft, so sollte es immer sein.

Welchen Einfluss haben diese Trends auf die Online-PR im Speziellen und welche Rolle können Online-Pressemitteilungen dabei spielen?

Online-PR sollte in Zukunft dementsprechend auch „4.0“ sein, das heißt sozial, relevant und automatisiert, intelligent und kollaborativ.

Relevanz bedeutet in diesem Zusammenhang für Online-PR, dass man heute niemanden mehr mit platten Unternehmens-Nachrichten langweilen sollte. Wen interessiert denn das neue Unternehmens-Gebäude wirklich? Natürlich kann man darüber berichten, aber der eigene Stolz hat wenig zu tun mit der Begeisterung des Empfängers. Echter Knowhow-Transfer, z.B. zusammen mit einem Kunden realisiert, ist da eine echte Alternative. „Sozial“ sollte für „Public RELATION“ mehr bedeuten als nur das Multiplizieren in diverse Plattformen. Dadurch entsteht keine Relation. Erst durch Anschluss- und Dialogfähigkeit wird man dem paradigmatischen Wandel gerecht. Online-Pressemitteilungen als Multiplikatoren können hier auf Blogs, Foren, Fanseiten, Landingpages oder andere Optionen hinweisen, um in den Dialog zu treten. Manchmal reicht auch schon eine Email-Adresse. Was Automatisierung angeht: Da haben ja schon lange Partner wie PR-Gateway dafür gesorgt, dass die eigene Botschaft in der Welt verteilt wurde. Auch andere „Hubs“ automatisieren heute die Verteilung. Hier sollte man aber nicht nur Senden, sondern auch intelligent Resonanz wahrnehmen und idealerweise auch darauf reagieren können, wenn beispielsweise die eigene Botschaft bei Twitter und Co. diskutiert wird. „Man“ bedeutet in diesem Fall aber, wie gesagt, nicht nur die PR- oder Marketing-Abteilung, sondern das „Netz“.

Was macht für Sie eine gute Online-Pressemitteilung aus?

Ich erwarte von einer guten Online-Pressemitteilung, dass sie mich abholt und inhaltlich und gestalterisch durch Wert begeistert und idealerweise im obigen Sinne anschlussfähig ist.

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Der Wettbewerb um die „Beste Online-Pressemitteilung 2014“ geht in die nächste Runde. Die Experten Juroren – Björn Eichstädt, Prof. Dr. Holger Sievert, Claudia Hilker, Dr. Winfried Felser und Mirko Lange – haben die 10 besten Einsendungen herausgesucht. Jetzt sind Sie gefragt! Denn Sie bestimmen, welche Online-Pressemitteilung den Titel verdient. Lesen Sie die Top 10 Online-Pressemitteilungen und geben Sie Ihrem Favoriten Ihre Stimme.

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Bildrechte: Dr. Winfried Felser

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